Trierischer Volksfreund: Donnerstag, 15.07.2010, Seite 10 (Hunsrück)

Lebendiges Dorf voller Geschichten

Bürger realisieren in 16 Monaten Ortschronik als Gemeinschaftswerk

Bericht und TV-Foto: Ursula Schmieder

Die vom Heimatverein Hundheim herausgebrachte Chronik spiegelt die Schaffenskraft eines ganzen Dorfes wider. Angespornt von der Sammlung des Chronisten Dr. Rudolf-Vitus Schabbach haben sich Bürger schreibend, filmend und singend auf Spurensuche begeben.

Hundheim. (urs) Das ganze Dorf hat „mitgeschrieben“ an der neuen Chronik „2500 Jahre Hundheim“. Es enthält Beiträge von Bürgern sowie Geschichten – „Verzehlscher und Steckelscher“ – über Hundheimer. Dass sie der Nachwelt erhalten werden, ist Chronist Dr. Rudolf-Vitus Schabbach zu danken. Der in Düsseldorf geborene Sohn Hundheimer Eltern hatte den Kontakt zum „Heimatdorf“ gepflegt und schon als 14-Jähriger niedergeschrieben, was ihm über seine Tanten zu Ohren kam. Daher blieben Anekdoten erhalten, an die sich auch gebürtige Hundheimer oft nur vage erinnern. So etwa über „Clasisch“ Willi (Schneider), der schon um 1920 mit anderen Hundheimern in Kostüme schlüpfte, um Theater zu spielen. Oder über „Stiekems Matz“ – laut Schabbach ein „ehrlicher“ Kerl, der gern zuhörte, aber nicht viel erzählte. Dessen Prophezeiung, Schabbach werde als Erwachsener Hundheim vergessen haben, sollte sich jedoch nicht bewahrheiten.

Wie Schabbach weiß auch der 85-Jährige Theo Bohr von Originalen wie dem „Backofen-Walter“. Er verstand sich nicht nur darauf, in Bauernhäusern Hausbacköfen zu bauen, sondern war auch ein begnadeter Theaterspieler. Da er aber nie seinen Text lernte und daher immer zwei Souffleure brauchte, spielten ihm die Kollegen eines Tages einen Streich. Statt des Satzes „die Caballeros der iberischen Berge“ flüsterten sie ihm „die Iberos der Caballerischen Berge“ ins Ohr, was er auch prompt nachplapperte. Allerdings drohte dadurch das ernste Stück zu einem Lustspiel zu werden. Franziska Bungert versorgt ihren Neffen bis heute mit „Verzehlcher“. „Sie ist voller Geschichten“, weiß Schabbach, auch Autor „Der Hott“, zu schätzen. Anfangs habe er nur so „ins Blaue“ alles niedergeschrieben. Als er längere Zeit krank war, dachte er dann erstmals daran, seine Sammlung zu veröffentlichen, was seiner Genesung zugute kam: „Ich hatte ein festes Ziel, und das gab mir Kraft.“ Den entscheidenden Anstoß gab sein Neffe, der Künstler R. O. Schabbach. Wissend, dass sein Onkel das „lebendige Archiv“ kaum selbst veröffentlichen könnte, knüpfte er den Kontakt zu Petra und Theo Schommer vom Heimatverein. Nach dem ersten Gespräch vor 16 Monaten stand für Petra Schommer rasch fest: „Das müssen wir machen.“ Die Sammlung sei so interessant geschrieben gewesen. Anfänglich gab es Vorbehalte, denn Hundheim hatte bereits eine Chronik – verfasst von Winfried Palm 1981 anlässlich der 700-Jahr-Feier des Dorfes. Letztlich übertraf die Stoffmenge alle Erwartungen, sodass Beiträge wie die „Frühlingsfahrt durch Hundheim“ oder Filmaufnahmen von der 700-Jahr-Feier auf einer DVD Platz fanden. Das Buch sei ein echtes „Hundheimer Gemeinschaftswerk“, bilanziert Schommer.